Sie wollen sich als Unternehmer in der
Personenbeförderung für Taxi / Mietwagen
selbstständig machen?
Sie wollen sich als Unternehmer im
Personenkraftverkehr mit Ausflugsfahrten
und Ferienziel-Reisen selbstständig machen?
Sie haben eine Geschäftsidee in der
Personenbeförderung?
Der Verkehrsleiter
Seit dem 4. Dezember 2011 gilt die Verordnung (EG) Nr.
1071/2009 zur europaweit einheitlichen
Berufszugangsverordnung für den Beruf des
Kraftverkehrsunternehmens im Personenkraftverkehr. Daraus
ergeben sich zahlreiche Veränderungen für die betroffenen
Unternehmen und bei der Gründung eines Unternehmens.
Nachfolgend geht es schwerpunktmäßig um die Auswirkungen
im Zusammenhang mit dem Begriff „Verkehrsleiter“.
Was ist ein Verkehrsleiter?
Der Begriff des Verkehrsleiters selbst wurde neu eingeführt,
seine Funktion ist dagegen schon lange in jedem
erlaubnispflichtigen Personenbeförderungsunternehmen
bekannt. Im Kern entspricht der Verkehrsleiter der früheren
„zur Führung der Geschäfte des Personenkraftverkehrs
bestellten Person“. Der Begriff „Verkehrsleiter“ wurde durch
die Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 eingeführt.
Artikel 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 definiert
den Verkehrsleiter folgendermaßen:
Er ist „eine von einem Unternehmen beschäftigte natürliche
Person oder, falls es sich bei diesem Unternehmen um eine
natürliche Person handelt (meist kleinere Einzelunternehmen),
diese Person selbst oder gegebenenfalls eine von diesem
Unternehmen vertraglich beauftragte andere natürliche Person,
die tatsächlich und dauerhaft die Verkehrstätigkeiten dieses
Unternehmens leitet“.
Welche Aufgaben hat ein Verkehrsleiter?
Laut gesetzlicher Definition ist die Kernaufgabe des
Verkehrsleiters die „tatsächliche und dauerhafte Leitung der
Verkehrstätigkeiten eines Unternehmens“. Die Verordnung
gibt aber noch weitergehende Hinweise. So werden
beispielsweise im Zusammenhang mit externen
Verkehrsleitern folgende Aufgabenbereiche genannt
(vergleiche Artikel 4 Absatz 2 Litera b der Verordnung (EG)
Nr. 1071/2009):
•
das Instandhaltungsmanagement der Fahrzeuge
•
die Prüfung der Beförderungsverträge und
Dokumente
•
die grundlegende Rechnungsführung
•
die Disposition des Fahrpersonals (Einhaltung
der Sozialvorschriften) sowie
•
die Prüfung der Sicherheitsverfahren
(beispielsweise Unfallverhütungsvorschriften)
Es ist möglich, die Aufgaben im Unternehmen zu delegieren,
die letztendliche Verantwortlichkeit trägt aber "immer" der
Verkehrsleiter.
Seit wann braucht man einen Verkehrsleiter?
Grundsätzlich benötigen seit dem 4. Dezember 2011 alle
betroffenen Unternehmen einen internen oder externen
Verkehrsleiter. Seit 4. Dezember 2011 gilt die den
Verkehrsleiter regelnde Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 in
allen EU-Mitgliedsstaaten.
Muss man den Verkehrsleiter gegenüber der
Genehmigungsbehörde melden?
Die Verordnung (EG) Nr. 1071/2009 in Artikel 4 Absatz 4
explizit von einer „Benennung“ durch die Unternehmen.
Gibt es Ausnahmen von der Pflicht, einen Verkehrsleiter
im Unternehmen zu haben?
Nein, letztendlich benötigt jedes Unternehmen des
gewerblichen Personenverkehrs seit dem 4. Dezember 2011
einen Verkehrsleiter.
Wer kann Verkehrsleiter werden und welche
Anforderungen werden an ihn gestellt?
Zum Verkehrsleiter bestellt werden kann grundsätzlich jede
natürliche Person (Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr.
1071/2009), sofern sie folgende Kriterien erfüllt:
•
Zuverlässigkeit: Die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters
oder des Verkehrsunternehmers darf nicht zwingend in
Frage gestellt sein, etwa durch Verurteilung oder
Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes
gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften.
•
Fachliche Eignung: Der Verkehrsleiter soll die nötigen
Kenntnisse haben, um sowohl innerstaatliche als auch
grenzüberschreitende Verkehre zu leiten. Die erforderliche
Fachkunde wird durch eine IHK-Fachkundeprüfung
nachgewiesen.
Neben diesen „Kernanforderungen“ (die nachgewiesen
werden müssen), gibt es weitere Kriterien, die die EU
verbindlich in allen Mitgliedsstaaten vorschreibt:
Tatsächliche und dauerhafte Leitung der Verkehrstätigkeiten
des Unternehmens, der Verkehrsleiter muss also über
entsprechende Entscheidungsbefugnisse und Kompetenzen im
Unternehmen verfügen.
Er muss in einer echten Beziehung zu dem Unternehmen
stehen, beispielsweise wenn er Angestellter, Direktor,
Eigentümer oder Anteilseigner ist oder die
Verwaltungsgeschäfte des Unternehmens führt. Ausnahmen
gelten für den externen Verkehrsleiter
Der Verkehrsleiter muss seinen ständigen Aufenthalt (=
Wohnsitz) in der EU haben, nicht jedoch notwendigerweise im
selben Mitgliedsstaat des Unternehmens.
Zur fachlichen Eignung:
Unternehmer oder (externer) Verkehrsleiter müssen die
fachliche Eignung besitzen. Hier steht die Fachkundeprüfung
vor der Industrie- und Handelskammer im Mittelpunkt
(vergleiche Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr.
1071/2009). Wer bereits einen von einer IHK ausgestellten
und mit einer laufenden Nummer versehenen
Fachkundenachweis besitzt, braucht keine neue
Bescheinigung, also auch keine Umschreibung. Von einer IHK
ausgestellte Fachkundenachweise sind auch
Fachkundenachweise für Verkehrsleiter im Sinne des Artikels
4 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009.
Zur Zuverlässigkeit:
Bei den Zuverlässigkeitsanforderungen kommt zu
verbindlichen Vorgaben, insbesondere was die Konsequenzen
von Verstößen angeht. Zwingend in Frage gestellt wird die
Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des
Verkehrsunternehmens etwa durch Verurteilungen oder
Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen
geltende einzelstaatliche Vorschriften in folgenden Bereichen:
Handelsrecht,
Insolvenzrecht,
Entgelt- und Arbeitsbedingungen der Branche,
Straßenverkehr,
Berufshaftpflicht,
Menschen- oder Drogenhandel.
Als unzuverlässig gilt ein Verkehrsleiter auch dann, wenn in
einem Mitgliedstaat ein Urteil wegen einer schwerwiegenden
Straftat oder eine Sanktion verhängt wurde wegen eines
schwerwiegenden Verstoßes gegen
Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere in folgenden
Bereichen:
Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau
und Nutzung der Kontrollgeräte,
höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der
Kraftfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr,
Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer,
Verkehrstüchtigkeit der Kraftfahrzeuge einschließlich der
vorgeschriebenen technischen Überwachung der
Kraftfahrzeuge,
Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden
Personenkraftverkehrs,
Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in
bestimmten Fahrzeugklassen,
Führerscheine,
Zugang zum Beruf,
Tiertransporte.
Ist der Unternehmer (wenn er die Fachkunde und
Zuverlässigkeit besitzt) automatisch Verkehrsleiter?
Nein, nicht direkt. Zwar kann sich der Erlaubnisinhaber einer
Personenverkehrserlaubnis auch selbst als Verkehrsleiter
benennen, zunächst wird jedoch davon ausgegangen, dass die
zur Führung der Personenkraftverkehrsgeschäfte benannte
Person die Funktion des Verkehrsleiters einnimmt.
Sofern mehrere Personen im Unternehmen die Fachkunde
besitzen, bietet es sich an, die Verantwortlichkeiten zu
verteilen, so dass Verkehrsleiter und Erlaubnisinhaber nicht
dieselbe Person sind. Dies kann im Falle von Verstößen und
im Zuge der Überprüfung der Marktzugangsvoraussetzungen
(anlassbezogen oder im Rahmen der Verlängerung der
Erlaubnis) relevant werden.
Kann man auch ein Personenverkehrsunternehmen
gründen/leiten und die Erlaubnis hierfür erhalten, ohne
dass man selbst oder ein angestellter Mitarbeiter die
notwendigen Fachkundeanforderungen erfüllt?
Ja, dies ist eindeutig geregelt und unter bestimmten
Voraussetzungen möglich (vgl. Artikel 4 Absatz 2 Litera a) bis
d) Verordnung (EG) Nr. 1071/2009). Demnach kann trotz der
fehlenden Fachkunde einem Unternehmen die Erlaubnis erteilt
werden. Voraussetzung ist allerdings, dass das Unternehmen
mit einem externen Verkehrsleiter einen Vertrag abschließt
und diesen gegenüber der zuständigen Behörde als solchen
benennt. Damit übernimmt der externe Verkehrsleiter die
Verantwortung für die Verkehrsgeschäfte.
Was gilt für einen externen Verkehrsleiter?
Wenn ein Unternehmen die Anforderung der fachlichen
Eignung nicht selbst erfüllt, also keine fachkundige Person mit
echter Beziehung zum Unternehmen beschäftigt (interner
Verkehrsleiter), muss das Unternehmen eine natürliche (und
keine juristische) Person als Verkehrsleiter bestellen (externer
Verkehrsleiter).
Für diesen sogenannten externen Verkehrsleiter gelten
dieselben Anforderungen wie für alle anderen Verkehrsleiter:
Er muss zuverlässig sein und die vorgeschriebene Fachkunde
besitzen.
Darüber hinaus gilt, dass der Verkehrsleiter die Aufgaben
ausschließlich im Interesse des Unternehmens und unabhängig
von anderen Unternehmen wahrzunehmen hat. Er darf keine
vertraglichen Beziehungen zu Auftraggebern haben (Artikel 4
Abs. 1 Litera d) Verordnung (EG) Nr. 1071/2009).
In dem Vertrag zwischen externem Verkehrsleiter und dem
Unternehmen, für das er die Verkehrsgeschäfte leitet, sind die
tatsächlich und dauerhaft durchzuführenden Aufgaben sowie
die Verantwortlichkeiten als Verkehrsleiter genau zu regeln.
Die EU-Verordnung macht genaue Vorgaben, welche
Aufgaben Gegenstand der vertraglichen Regelung sein
müssen. Selbstverständlich können die Vertragsparteien
darüber hinaus weitere Regelungen aufnehmen und sollten
dies im Regelfall auch tun.
Zu den zwingend zu regelnden Aufgaben zählen insbesondere
(vergleiche Artikel 4 Absatz 2 Litera b) Verordnung (EG) Nr.
1071/2009):
•
das Instandhaltungsmanagement der Fahrzeuge,
•
die Prüfung der Beförderungsverträge und Dokumente,
•
die grundlegende Rechnungsführung,
•
die Disposition des Fahrpersonals (Einhaltung der
Sozialvorschriften) sowie
•
die Prüfung der Sicherheitsverfahren (beispielsweise
Unfallverhütungsvorschriften (UVV)).
Anders als ein interner Verkehrsleiter darf der externe
Verkehrsleiter die Verkehrstätigkeiten von höchstens vier
Unternehmen mit einer Flotte von zusammengenommen
höchstens 50 Fahrzeugen leiten (Artikel 4 Absatz 2 Litera c)
Verordnung (EG) Nr. 1071/2009).
Wie benenne man einen Verkehrsleiter und was ist dabei
vertraglich zu beachten?
Sofern man ein neues Unternehmen im erlaubnispflichtigen
Personenverkehr gründet oder die bisherige fachkundige
Person das Unternehmen verlässt, gibt es folgende Varianten,
einen Verkehrsleiter zu benennen:
•
Eine im Unternehmen tätige Person, die die rechtlichen
Anforderungen an den Verkehrsleiter erfüllt, wird zum
Verkehrsleiter bestellt (interner Verkehrsleiter).
•
Eine nicht zum Unternehmen gehörende Person wird
vertraglich als externer Verkehrsleiter verpflichtet
(externer Verkehrsleiter).
Interner Verkehrsleiter
Ein gesonderter Vertrag neben dem Arbeitsvertrag ist nicht
erforderlich, kann sich aber - wie beispielsweise auch eine
Stellenbeschreibung - für die Festschreibung und
Dokumentation von Kompetenzen und Aufgaben anbieten. An
eine auch haftungsseitig wirksame Bestellung werden hohe
Anforderungen gestellt - bitte lassen Sie sich im Zweifel
sachkundig beraten.
Für die Arbeitsverträge interner Verkehrsleiter schreibt die
EU-Verordnung keine Inhalte vor. Es dürfte sich aber
empfehlen, bei der Vertragsgestaltung die Vorgaben der
Artikel 4, 6 und 8 Verordnung (EG) Nr. 1071/2009) zu den
Voraussetzungen für die Zuverlässigkeit zu beachten.
Auch eine Beschäftigung des internen Verkehrsleiters bei
mehreren Unternehmen ist grundsätzlich zulässig.
Voraussetzung ist allerdings, dass er sowohl räumlich als auch
zeitlich dazu in der Lage sein muss, in mehreren Unternehmen
tätig zu sein (Beispiel: Ein Verkehrsleiter hat zwei
Anstellungsverträge mit einem Beschäftigungsumfang von
jeweils 50 Prozent). Der Verkehrsleiter muss der
Genehmigungsbehörde dazu entsprechende Nachweise
vorlegen.
Externer Verkehrsleiter
In dem Vertrag mit dem externen Verkehrsleiter müssen die
tatsächlich und dauerhaft durchzuführenden Aufgaben sowie
die Verantwortlichkeiten als Verkehrsleiter genau geregelt
werden, da die Verordnung hierzu Vorgaben macht. Zu den zu
regelnden Aufgaben zählen insbesondere die Verpflichtungen
nach Artikel 4 Absatz 2 Litera b) Verordnung (EG) Nr.
1071/2009. Ein externer Verkehrsleiter darf die
Verkehrstätigkeiten von höchstens vier Unternehmen mit einer
Flotte von zusammengenommen höchstens 50 Fahrzeugen
leiten.
Auch der externe Verkehrsleiter muss dann gegenüber den
zuständigen Behörden benannt werden, sofern dies nicht
bereits im Erlaubnisverfahren passiert ist.
Was droht bei Verstößen hinsichtlich Zuverlässigkeit und
fachlicher Eignung?
Je nach Schwere und Häufigkeit der Verstöße können die
Konsequenzen drastisch sein.
Durch die Verordnung (EU) 2016/403 ("Todsündenliste")
wurde das sogenannte Risikoeinstufungsverfahren zur
Überprüfung der persönlichen Zuverlässigkeit eines
Verkehrsleiters deutlich ausgebaut und teilweise auch
verschärft.
Bereits ein schwerster Verstoß oder drei sehr schwere Verstöße
von Fahrern pro Jahr führen danach zur Einleitung eines
nationalen Verfahrens zur Beurteilung der Zuverlässigkeit des
Verkehrsleiters. Stellt die Aberkennung der Zuverlässigkeit
nach Auffassung der zuständigen Behörde keine
unverhältnismäßige Reaktion dar, so führt die Verurteilung
oder Sanktion aufgrund der Verstöße zur Aberkennung der
Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters. Das bedeutet faktisch ein
Berufsverbot für die Tätigkeit als Verkehrsleiter. Wer als
Verkehrsleiter für mehrere Unternehmen tätig ist, der verliert
im Falle der Aberkennung der Zuverlässigkeit aufgrund von
Verstößen in einem Unternehmen die Voraussetzung zur
Ausübung der Tätigkeit als Verkehrsleiter in sämtlichen von
ihm betreuten Unternehmen. Er gilt als ungeeignet, die
Verkehrstätigkeiten eines Unternehmens zu leiten (Artikel 14
Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1071/2009).
Außerdem verliert sein Fachkundenachweis in allen EU-
Mitgliedstaaten seine Gültigkeit (Artikel 14 Absatz 1 der
Verordnung (EG) Nr. 1071/2009).
Daher ist es umso wichtiger, dass ein Verkehrsleiter im
Unternehmen auch die tatsächlichen Kompetenzen,
Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnisse für den
Verkehrsbereich hat. Anderenfalls droht, dass er für etwas zur
Verantwortung gezogen wird, auf das er in der Praxis
möglicherweise zu geringen oder keinen Einfluss hatte.
Besondere Beachtung sollte diesem Problem beim Einsatz
eines externen Verkehrsleiters geschenkt werden. Räumt der
Unternehmer diesem die Befugnis ein, Weisungen gegenüber
Mitarbeitern des Unternehmens zu erteilen, hat dies zweierlei
Konsequenzen. Einerseits kann der externe Verkehrsleiter
damit seine Pflichten nach der Verordnung (EG) Nr.
1071/2009 besser erfüllen. Andererseits erfolgt damit eine
gewisse organisatorische Einbindung in den Betrieb, die zu
einer Veränderung des Status des Verkehrsleiters führen und
unter Umständen ein sozialversicherungspflichtiges
Beschäftigungsverhältnis auslösen kann.